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DFG Forschungsprojekt

Crowdinvesting in Deutschland, England und den USA: Regulierungsperspektiven und Wohlfahrtseffekte einer neuen Finanzierungsform

Als Crowdinvesting bezeichnet man das internetbasierte Sammeln von Beiträgen mehrerer Investoren zur Finanzierung von (Start-up-)Unternehmen. Der Begriff des Crowdinvesting ist abzugrenzen von dem des Crowdfunding. Während die Teilnehmer des Crowdfunding häufig gar nicht oder höchstens an den Erträgen eines bestimmten Projekts finanziell beteiligt sind, erhalten sie beim Crowdinvesting eine Berechtigung an den zukünftigen Zahlungsströmen eines Unternehmens. Das Forschungsprojekt beschränkt sich auf das Crowdinvesting.

Crowdinvesting schließt eine Lücke auf dem Markt für Unternehmensfinanzierung. Die über Crowdinvesting finanzierten Unternehmen sind zu risikoreich für Banken, zu klein für institutionelle Risikokapitalgeber (z.B. Private-Equity- und Venture-Capital-Fonds) und haben einen zu großen Finanzierungsbedarf für Freunde und Familienangehörige. Diese Unternehmen wären ohne Crowdinvesting auf staatliche Förderung angewiesen oder würden keine Finanzierung erhalten. Crowdinvesting birgt daher ein enormes Potential für die Finanzierung innovativer Geschäftsideen und das Wirtschaftswachstum. In den vergangenen zweieinhalb Jahren ist in Deutschland ein rasant wachsender Markt für Crowdinvesting entstanden. Es existieren bislang 26 Internet-Portale, die Crowdinvesting vermitteln. Über diese Portale sind bis zum 1. Mai 2014 insgesamt mehr als 130 Start-up-Unternehmen finanziert worden. Anders als im Bereich Venture-Capital, wo Deutschland als weltweit viertgrößte Volkswirtschaft lediglich vier Prozent des europäischen und amerikanischen Gesamtmarktes verzeichnet, weist Deutschland im Bereich Crowdinvesting im internationalen Vergleich einen der größten Märkte auf.

Sollte dieser Markt reguliert werden? Empirische Querschnittsanalysen deuten darauf hin, dass die Ausgestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen positiv mit der Entwicklung eines Kapitalmarktes zusammenhängen. Insbesondere zeigen diese Untersuchungen, dass die Ausgestaltung der Informationspflichten, die Strenge der Kapitalmarktregulierung und die Effektivität der Durchsetzung dieser Regeln mit niedrigeren Kapitalkosten für die Emittenten verbunden sind. Zudem herrscht in der rechtsökonomischen Kapitalmarktforschung trotz anfänglicher Zweifel mittlerweile weitgehende Einigkeit darüber, dass Emittenten keinen Anreiz haben, dem Markt die aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive optimale Menge an Informationen bereitzustellen. Trotz dieser Einigkeit über das „Ob“ der Kapitalmarktregulierung ist die Frage danach, wie Kapitalmärkte reguliert werden sollten, höchst umstritten. Unklarheit herrscht insbesondere über das richtige Maß der Informationspflichten, der (sonstigen) anlegerschützenden Regelungen und über die Frage, ob der (monopolistische) Staat oder die im Wettbewerb zueinander stehenden Marktplatzbetreiber die besten Anreize haben, diese Regelungen bereitzustellen. Besondere Herausforderungen ergeben sich zudem aus den Erkenntnissen der verhaltenswissenschaftlichen Kapitalmarktforschung (behavioral finance), die die Frage aufwerfen, ob und wie das Recht auf systematisch auftretende Urteilsverzerrungen unter den Anlegern reagieren kann bzw. sollte.

Die Frage, ob und wie Crowdinvesting geregelt werden sollte, ist bislang nicht untersucht worden. Die bestehende Literatur hat bislang ausgewählte Rechtsfragen des Crowdinvesting untersucht und Crowdinvesting als Alternative zu bestehenden Finanzierungsformen analysiert. Einige Publikationen geben einen Überblick über den deutschen Markt und beschreiben die in Deutschland und den USA geltende Rechtslage. Jedoch wurde noch keine umfassende wohlfahrtsökonomische Bewertung des Phänomens vorgenommen und auch keine fundierten Regulierungsempfehlungen entwickelt. In den USA sind zahlreiche Publikationen im Zusammenhang mit dem JOBS Act erschienen. Dabei handelt es sich jedoch ausschließlich um Untersuchungen, die den zukünftigen Rechtsrahmen in den USA ausleuchten. Grenzüberschreitende bzw. rechtsvergleichende Studien existieren bislang nicht. Empirische Untersuchungen, welche den sozialen Nutzen bzw. die Kosten des Crowdinvesting mit den Methoden der empirischen Kapitalmarktforschung analysieren und aus denen Gesetzgebungsempfehlungen abgeleitet werden können, fehlen bislang weltweit. Das DFG Forschungsprojekt wird diese Forschungslücken schließen.


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